[Flo]

Zum Thema Sexismus. Ich habe es ja schonmal gesagt: Es ist wichtig, dass sie auf die Missstände hinweist und ich habe nach wie vor größten Respekt vor ihrem Mut und ihrer Courage. Aber wie ich schonmal gesagt habe: Anita Sarkeesian pauschalisiert zu sehr, zeigt bei vielen Spielen nur das negative. Und dieser Eindruck verbessert sich bei mir nicht gerade, wenn sie 3 mal twittert, dass Ciri eine "Fotze" ist.
Ich möchte gleich auch auf den verlinkten Artikel Witcher 3 and Diversity eingehen, es lassen sich sicherlich nicht alle Argumente von der Hand weisen. Hier geht es stark um den Rassismusvorwurf. Dabei möchte ich gleich sagen zum Thema "einzige dunkelhäutige ist eine Sukkubus mit Schwanz und Hörnern" nur erwähnen, dass es im Spiel überhaupt keine schwarzen/dunkelhäutigen Menschen gibt.
Nein, ich möchte nicht behaupten, dass das Spiel oder die Bücher akkurat eine slavische Kultur wiedergeben. Aber es zeigt sehr authentisch eine düstere Fantasy-Welt, die wie Game of Thrones eine willkommene Abwechslung zu Tolkiens Welt.
In keinem anderen Spiel wurden mir bis jetzt so deutlich und brutal Rassismus, Ausgrenzung und die Folgen des Krieges vorgeführt. Absolut beeindruckend.
Blöderweise hielt das Anita Sarkeesian und der Autor des Artikels erstmal nicht für erwähnenswert. Zum Glück hat er in einer Antwort in den Kommentaren etwas das Feuer rausgenommen:

Fair enough, I am not a historian and I indeed made some sweeping over-generalizations over there. I guess my point was that we don’t have anything as intricate and well studied as say ancient Greek mythology. Which is not to say that we have nothing. So yes, good points. Thank you.  

And I agree that CDPR did a fantastic job on the game. It was not my intention to claim they have not done excellent research into the culture, customs, architecture, clothing, character design and etc. The game is absolutely fantastic in that respect and they deserve all the credit for that.

The entire post was mostly written in a response to people trying to completely shut down any discussion of diversity in the game using “history”, “mythology” or “Poland” as an excuse. But the fact it’s problematic in that aspect does not make it a bad game, and does not make CDPR bad people. I do not regret buying it, and I’m glad to support them and their work.

Lobenswert.  

Um mal konkret auf das Beispiel der Sukkubus zu kommen: Das ist eine absolute Nebenfigur am Ende einer Hexerquest. Genauso eine Nebenfigur wie der Jäger, der später seine Lebensgeschichte erzählt. Er hat sich in den Sohn eines Adligen verliebt. Dass ganze nahm kein gutes Ende, seitdem lebt er abgeschieden im Wald. Genauso wie die Problematik der Waisenkinder im Krieg, der Fanatismus des Glaubens an die heilige Flamme, die grausamen Hexenjäger, die Auflösung der Universität, die versifften Armenviertel in Novigrad, die verfolgten Magier und Alchemisten, einen Transvestiten, ...
Soll jetzt einfach nur eine grobe Aufzählung sein, es gibt unzählige Geschichten die ich gar nicht alle wiedergeben kann und die man auch nur individuell nach eigenem Spielstil wahrnimmt. Nicht alles drängt sich einem auf und muss teilweise entdeckt werden, das ist ja die große Leistung des Spiels.

Jetzt mal neben der Sukkubus zu den wirklichen 3 weiblichen Hauptfiguren des Spiels, Triss, Yennefer und Keira. Leider kann ich nur aus diesem Spiel berichten, die Vorgeschichte kenne ich kaum. Muss die anderen Teile unbedingt nachholen!
Zu Triss kann ich nur sagen, dass ich mich bald in sie verliebt habe.   Sie ist in meinen Augen der einzige wirklich durch und durch gute und liebenswürdige Mensch in dieser Welt. Schön, dass sie diese hoffnungsvolle Einstellung sich in dieser Umgebung bewahren konnte. Bin noch nicht durch, bin gespannt wie sich das noch entwickelt.
Yennefer ist bei der Hauptstory absolut auf Augenhöhe mit Geralt, zeigt sich sogar eher als die dominante, treibende Kraft. Sie ist eine differenzierte, schwierige Persönlichkeit. Wie Geralt zählt sie auch einige Jährchen, wie erwähnt wird hat sie sich ihr Aussehen aufpoliert, was Geralt aber nicht stört, weil er erstmal absolut auf sie fixiert scheint.
Keira ist damit vergleichbar. Sie hat die ganze Zeit mit Geralt die Zügel in der Hand. Der sexuelle Unterton schwebt immer mit und es wird viel damit gespielt, das gebe ich zu. Aber ohne zu viel verraten zu wollen: Keira und Geralt sind in dieser Beziehung auch auf Augenhöhe.

Und da wäre natürlich auch noch Ciri, um die es ja eigentlich geht. Sie ist eine rebellische, junge Frau, die sich aber eigentlich durchgehend vernünftig verhält bei der anfänglichen Flucht vor der Wilden Jagd. Zumindest in der ersten Hälfte macht sie überhaupt nicht den Eindruck einer "Trope" die gerettet werden muss. Es ist einfach nur schwer sie aufzuspüren und artet deshalb in diese Detektivarbeit aus.   Im Kampf zeigt sie sich aufgrund ihres besonderen Blutes im Vergleich zu Geralt überlegen. Sie ist deutlich schneller und wendiger.

Ich weiß, meine Darstellung ist sehr positiv gefärbt weil ich immer noch so geflasht bin von dem Spiel.
Was ich wirklich zu bemängeln hätte wäre die Fixierung auf die Nacktheit und die Zurschaustellung der weiblichen Formen, es werden viele Prostituierte vor allem in den Armenvierteln gezeigt. Aber wie bei Game of Thrones oder True Detective gehört das für mich auch zu dem Portrait dieser düsteren Welt. Wirkliche Liebe scheint da erstmal keinen Platz zu haben. Eine heile Welt wäre da absolut unpassend.

Daher behaupte ich: Aufgrund des Settings kann man gar nicht mehr machen, als die weiblichen Hauptfiguren möglichst glaubhaft zu schreiben. Und das ist definitiv gelungen.

Besonders beeindruckt bin ich mittlerweile von der Charakterzeichnung Geralts. Man hat natürlich die Freiheit ihn interagieren zu lassen wie man will. Aber so wie ich ihn spielen will, so bringt es das Spiel auch authentisch rüber. Er verhält sich meist vernünftig und besonnen. Mit seiner abgeklärten, trockenen Art wirkt er seiner Zeit voraus. Er akzeptiert erstmal unvereingenommen jedem seiner Gegenüber, im krassen Gegensatz zu den anderen Menschen, die ihm bei jeder Gelegenheit eine kreative Bezeichnung an den Kopf werfen.

Eines muss klar sein: Ich verteidige hier kein GTA, was in Bezug auf Sexismus indiskutabel ist. Witcher 3 umfasst aber so viele, tief berührende menschliche Geschichten und Tragödien, die zu 90% das Thema Sexismus nichtmal tangieren. Es geht mir also nur um die Art der Argumentation. Und eine schockierende News nach der anderen teilweise mehrmals zu twittern wird dem ganzen nicht im geringsten gerecht und ist für mich einfach schlechter Stil. Wie auch schon manche Negativbeispiele, die sie sich zum Beispiel aus Bioware-Titeln herausgepickt hat. Da muss ich mir wirklich an den Kopf fassen, weil das Studio erzählerisch in den letzten Jahren Meilensteine gesetzt und einen großen Beitrag zu einer weniger sexistischen Darstellung in Computerspielen geleistet hat. Man sollte sich schon mit etwas auskennen, wenn man damit argumentiert. Ich habe auch gelernt, dass ich musiktheoretisch nicht argumentieren kann.  
Das entkräftet imo auch deinen fettgedruckten Absatz. Auf Einzelaspekte reduzierte und aus dem Zusammenhang gerissene Argumente gelten für mich nicht. Es hat definitiv eine Entwicklung bei vielen Titeln stattgefunden. Dass man gerade die niederbügeln muss, kann ich schwer begreifen.
Das sollte sie wirklich mal zu Herzen nehmen, um nicht eine so große Angriffsfläche für konstruktive Kritik zu bieten. Damit würde sie der Sache viel mehr dienen. Deshalb finde ich ihre Reihe mit positiven Beispielen in Games sehr gelungen. Das ist zwar nur meine persönliche Einstellung, aber ich finde man sollte immer mit einem guten Beispiel vorangehen.