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Eine nachweihnachtliche Kurzgeschichte
#1

Für Kinder war die Vorweihnachtszeit eine schöne und spannende Zeit voller Vorfreude. Für viele Erwachsene aber waren die Wochen vor Weihnachten sehr aufreibend und zeitraubend, um rechtzeitig alle Geschenke zu besorgen und das Fest zu organisieren können. Nach Heiligabend war dann erst überhaupt die Muße vorhanden, Weihnachten richitg zu genießen. Daher saß nun auch Santa Klaus, der in der Vorweihnachtszeit und am Heiligabend mit Abstand am meisten Arbeit hatte, am prasselnden Kamin in seinem Büro ruhte sich zufrieden aus. Doch hätte er nicht bereits gehört, dass sich auf dem Flur kleine Füße in hohem Tempo näherten, hätte er wahrscheinlich den heißen Kakao vor Schreck verschüttet, als die Tür zu seinem Büro laut aufgestoßen wurde. Ein kleiner Elf stürmte hinein.

"Was ist denn los?" fragte der alte Mann verwundert.

"Die- die Kinder mögen meine Puppen nicht!" keuchte der kleine Elf verzweifelt.

"Wie kommst du denn auf die Idee?"

"Hier, sie schreiben es!"

Er holte ein Stück Papier aus der Hosentasche und las vor.

"Die Puppe ist total doof. Ich wollte doch blonde Haare und nicht braune. Und hier steht: Wieso hat meine Puppe nur aufgemalte Wimpern und keine echten? Voll der Billigschrott!"

Der Weihnachtsmann seufzte und wollte gerade zur Antwort ansetzen. Aber der Elf war noch nicht fertig.

"Hier schreiben mir sogar die Eltern! Letztes Jahr haben sich doch so viele Kinder eine Ritterpuppe gewünscht. Und jetzt beschweren sich die Eltern, eine Puppe mit Schwert wäre unweihnachtlich und viel zu mar-ti-aaaalisch. Was auch immer das bedeutet."

Der Elf war den Tränen nahe.

"Ich habe mir doch solche Mühe gegeben! Ich will keine Puppen mehr basteln. Niemandem kann man es Recht machen."

Der Weihnachtsmann winkte den Elf zu sich und bot ihm einen Sitzplatz an seinem Schreibtisch und einen Kakao an.

"Sei nicht traurig. Man kann es nicht jedem Recht machen."

"Aber früher haben wir nicht so viele Beschwerden bekommen. Sind meine Puppen schlechter geworden?"

"Nein, aber die Zeiten haben sich geändert. Schau mal, früher hatten die Leute kaum Geld, um ihren Kindern etwas zu Weihnachten zu schenken. Daher haben sie viel selbst gebastelt. Ich erinnere mich noch an einen Vater, der seinen Kindern vor Weihnachten wochenlang kleine Holzpferde geschnitzt hat."

"Aber meine Puppen sich auch handgemacht!" protestierte der Elf.

"Ja, aber das verstehen die Menschen nicht. Heutzutage kauft man sich Geschenke. Es zählt der Preis, und nicht die Arbeit, die man in ein Geschenk gesteckt hat. Und wenn man für etwas Geld ausgibt, hat man den Anspruch, dass es genau das ist, was man sich vorgestellt hat. Wenn es dann einem doch nicht gefällt und nicht die erhoffte Qualität hat, tauscht man es um und schreibt Beschwerdebriefe an den Hersteller."

"Aber es sind doch Geschenke. Man bekommt sie umsonst!"

"Ja, aber auch Geschenke kann man umtauschen."

"Meine Puppen aber nicht."

"Ja, und das ist das Problem. Du schenkst etwas, das man mit Geld nicht kaufen kann. Aber die Kinder wissen das nicht und denken, es wäre normal, die gleichen Ansprüche stellen zu können."

"Undankbare Gören!" entfuhr es dem Elf.

"Gib nicht den Kindern die Schuld. Sie sind immer nur ein Spiegel ihrer Zeit."

"Dann baue ich halt keine Puppen mehr, wenn es immer nur Genörgel gibt. Dazu ist mir meine Mühe zu schade."

"Sag doch nicht so etwas. Denk immer daran, dass du viele Kinder mit deinen handgemachten Puppen sehr glücklich gemacht hast."

"Ja, aber mir tun diese Briefe wirklich weh. Ich muss immer daran denken," sagte der Elf traurig.

"Das solltest du aber nicht. Und außerdem..."

In den Augenwinkeln des Mannes bildeten sich verschmitzte Fältchen.

"...könnten die unzufriedenen Kinder die Puppen doch auch einfach ignorieren. Aber sie tun es nicht. Im Gegenteil, die spielen damit und machen sich sogar die Mühe, Beschwerdebriefe zu schreiben. Was sagt dir das?"

Der Elf zuckte mit den Schultern.

"Denk man drüber nach. Bis nächstes Weihnachten findest du bestimmt die Antwort. Und ich bin sicher, dann wirst du wieder viele schöne Puppen basteln und viele Kinder glücklich machen."
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#2

Eine ganz tolle Geschichte, Codo. Thumbs up 

Hoffentlich wird die auch von möglichst vielen Leuten gelesen...
 
[Bild: achmet.png] Achmet!!!
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#3

Hast du das selber verfasst? Schöne Geschichte. Smile 
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#4

Schön geschrieben. Love 
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